Römisches Bühnentheater
Platz für Zehntausend
Wie die Thermen so gehörten auch die Theater zum Selbstverständnis römischen Lebens. Es war wohl keine Stadt im Römischen Reich so klein, dass sie nicht wenigstens ein Theater oder ein Amphitheater gehabt hätte.
Die Entdeckungen beim Neubau der Wege zur Zitadelle in Mainz 1914 bis 1916 sprengten jedoch jede Vorstellungskraft. Man war auf ein antikes Bühnentheater von gigantischen Ausmaßen gestoßen. Das größte Theater nördlich der Alpen besaß einen Zuschauerraum, der 116 Meter breit war. Seine Bühne maß 42 Meter. Die Zuschauerreihen boten rund zehntausend Besucherinnen und Besuchern Platz - zehnmal mehr als ins Große Haus des Mainzer Staatstheaters passen.
2006 wurde der Südbahnhof, unterhalb der Grabungsstätte, auf Initiative des damaligen Mainzer Oberbürgermeisters Jens Beutel und des Stadtrats in Kooperation mit der Deutschen Bahn umbenannt. Seitdem steigen Pendler und Gäste der Stadt am Bahnhof "Mainz - Römisches Theater" ein, aus und um. Eine Glaswand am Bahnsteig öffnet inzwischen die Sicht auf die Relikte des Römischen Bühnentheaters. Ein echtes Schaufenster in die Vergangenheit!
Römisches Bühnentheater auf einen Blick
Zahlen, Daten, Fakten
Errichtet: Vorgängerbau Anfang des 1. Jahrhunderts nach Christus. Die heute sichtbaren Mauerreste sind später datiert, auf um 310 nach Christus.
Historisches
Der Vorgängerbau des Bühnentheaters wurde vermutlich Anfang des 1. Jahrhunderts nach Christus errichtet. Genutzt wurde es wahrscheinlich als Versammlungsort der zivilen Gedenkfeiern für den toten Feldherrn Drusus, dessen Ehrengrabmal nur rund 340 Meter entfernt auf der heutigen Zitadelle errichtet worden war.
Hier trafen sich zu diesem Zweck die Repräsentanten der 60 gallischen Gebietskörperschaften. Mogontiacum - die Hauptstadt der römischen Provinz Obergermanien - war somit politischer Wallfahrtsort für Germanien und Gallien, an dem man jedes Jahr der gemeinsamen römischen Wurzeln gedachte.
Im Mittelalter wurde vermutlich damit beginnen, immer mehr Steine des Theaterbaus abzutragen. Das Theater verfiel zur Ruine. Mit dem Bau der Zitadelle Mitte des 17. Jahrhunderts wurde das Areal eingeebnet und geriet in Vergessenheit. Teile der römischen Mauern wurden für die Errichtung der Bastion Albani im Schutzwall mit verwendet. Heute lässt es sich anschaulich nachvollziehen, wo die römischen Mauern enden und die Bastion des 17. Jahrhunderts beginnt.
Ausgrabung
Bereits bei den Bauarbeiten der hessischen Ludwigsbahn 1884 entdeckte man römische Mauern, die allerdings für den Gleisbau abgetragen wurde. Die Bedeutung des Fundes wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts erkannt, als man bei der Neuanlage der Wege zur Zitadelle erneut auf die Mauerreste stieß. Durch die beiden Weltkriege wurde der Fund nicht wie geplant freigelegt und geriet erneut beinahe in Vergessenheit.
Die eigentliche Ausgrabung eines Teilstücks durch die Landesarchäologie Mainz begann 1997. Erhalten haben sich Fundamente des Theaters, die auf die architektonische Form schließen lassen.
Viele Hände halfen bei den Ausgrabungsarbeiten tatkräftig mit. Neben Archäologen und Studierenden unterstützten auch Freiwillige die Arbeiten. Die Ausgrabung wurde zu einem großen Gemeinschaftswerk, an dem Archäologen, Bürger, Firmen, Spender, städtische Ämter und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz beteiligt waren.
Architektur
Das Theater setzte sich aus einer Bühne und einem halbrunden Zuschauerraum zusammen. Die ansteigenden Sitzreihen waren in den Hügel gebaut und boten seinerzeit Platz für rund zehntausend Besucherinnen und Besucher.
Die Mauern bestehen aus römischem Gußbeton (opus caementicium) und wurden nur außen mit kleinen Quadern verschalt. Zur Stabilisierung haben die Römer doppelte Ziegelplatten-Schichten eingefügt.
Heute
2005 wurden unter der Leitung des damaligen Landesarchäologen die ersten fünf Sitzreihen als Holzkonstruktion in Form von halbkreisförmigen, ansteigenden Sitzstufen errichtet. Diese Konstruktion wurde zunehmend marode und morsch, sodass es zu einer akuten Einsturzgefahr kam. Daraufhin wurden Brüstungselemente 2017 erneuert, damit wieder Führungen und kleinere Veranstaltungen stattfinden konnten.
2016 wurde die vier Meter hohe Steinmauer am Bahnsteig 4 abgetragen. Inzwischen ist an ihre Stelle eine Glasfront gerückt. Ob Ankunft oder Abreise - Reisenden eröffnet sich seitdem ein freier und eindrucksvoller Blick auf die Relikte des Römischen Bühnentheaters. Und damit auf die Zeit, als Mainz noch Mogontiacum hieß.
Übrigens: Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass die Pflasterung am Bahnsteig 2/3 teilweise grau, teilweise hell ist? Dies ist nicht zufällig gewählt: Die hellen Steine markieren den vermuteten Verlauf der früheren Bühnenwand, die wahrscheinlich so hoch war, wie die oberste Zuschauerreihe.
Das Römische Bühnentheater erleben
Das Bühnentheater ist ein Publikumsmagnet geworden. Allein am "Tag des offenen Denkmals", jeweils am zweiten Sonntag im September, pilgern tausende Besucherinnen und Besucher hierhin.
Es gibt zwei Möglichkeiten, das Römische Bühnentheater völlig unterschiedlich zu erleben
- in Führungen durch die Mauerreste, organisiert von der Initiative Römisches Mainz: Termine und After-work
- virtuell in der Mainz-App
Zukunft des Römisches Bühnentheaters
Seit 2019 wird intensiv an einem dauerhaften und nachhaltigen Konservierungskonzept gearbeitet. Für die Zukunft wird angestrebt, das Bühnentheater zumindest partiell auch wieder als solches zu nutzen. Projektleitend ist die städtische Gebäudewirtschaft Mainz (GWM).
Entsprechende Pläne befinden sich in der Umsetzung. Weiterführende Informationen zum Römischen Bühnentheater finden Sie auf der Website der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesarchäologie Mainz.
Zeitschiene:
August 2018: Einsetzung einer Expertenkommission zum weiteren Vorgehen bei der Konservierung.
Frühjahr 2019: Symposium zur Erstellung eines Gesamtkonzepts mit anschließendem Architektenwettbewerb.
Kontakt / Lage
Römisches Bühnentheater
Oberhalb des Bahnhofs Mainz - Römisches Theater
55116 Mainz