Unsichtbare Gefahr - Mikroschadstoffe
Selbstverständlich benutzen wir in unserem Alltag Reinigungsmittel, Körperpflegeprodukte, Kosmetikartikel, streichen mit Farbe und nehmen Medikamente ein. Doch was passiert beim Duschen, nach dem Toilettengang, beim Ausschütten des Putzeimers oder wenn es auf die getrocknete Farbe regnet? Man sollte meinen, dass es die Kläranlage schon richten wird – leider nein! Sobald die in unseren Alltagshelfern enthaltenen gelösten Stoffe ihren Bestimmungsort verlassen, also in der Toilette heruntergespült, achtlos weggeworfen oder falsch entsorgt werden, haben wir ein Umweltproblem. In der Kanalisation entsteht ein Cocktail aus teils neuen, unbekannten Verbindungen, der in der Kläranlage ankommt. Nach aktuellem Stand der Technik können solche „Mikroschadstoffe“ von 98% aller Kläranlagen in Deutschland nur unzureichend aus dem Abwasser eliminiert werden.
Was sind eigentlich Mikroschadstoffe?
Unter dem Begriff Mikroschadstoffe oder Spurenstoffe versteht man gelöste, synthetische Substanzen, die sich u. a. in unseren Gewässern befinden. Sie sind unsichtbar, weil sie in geringen Konzentrationen von einem tausendstel bis milliardstel Gramm pro Liter vorkommen. Selbst in dieser Größenordnung sind sie so gefährlich, dass sie Wasserorganismen und schließlich dem Menschen schaden können.
Mikroschadstoffe gelangen indirekt aus den Haushalten über die Kläranlage oder direkt aus der Landwirtschaft und Industrie in die Oberflächengewässer. Dort werden sie von Lebewesen aufgenommen und kommen so in die Nahrungskette des Menschen. Durch diese Spurenstoffe wird auch die Reinigung des Wassers zur Aufbereitung von Trinkwasser aus Uferfiltrat aufwändig. Weil sie schwer abbaubar sind, reichern sich Mikroschadstoffe ebenfalls im Grundwasser an.
Mikroschadstoffe in Arzneimitteln
Die sichere Beurteilung, ob ein Medikament die Umwelt belastet, ist durch den Umstand erschwert, dass einige Wirkstoffe vom Menschen unverändert wieder ausgeschieden, andere dagegen umgewandelt werden. In der Natur werden sie entweder weiter abgebaut, umgebaut oder sie können mit anderen Substanzen zu neuen Stoffen reagieren. Darum kann ihre Wirkung auf die aquatische Umwelt in vielen Fällen noch nicht sicher vorhergesagt werden.
Man weiß, dass die Anreicherung von Pharmazeutika bei Fischen zu Organschäden und Verhaltensänderungen führt. So ist zum Beispiel eine Verweiblichung von männlichen Fischen durch Aufnahme von Hormonrückständen aus der Antibabypille nachgewiesen.
Wenn‘s zwickt, greifen wir doch schnell mal zu Schmerzmitteln. Allein die Mainzer Kläranlage in Mombach erreichen täglich Inhalte von ca. 270 Tuben des Schmerzmittels Diclophenac. Der Wirtschaftsbetrieb Mainz hat ermittelt, dass nach der Klärung des Abwassers umgerechnet immer noch ca. 100 Tuben Diclophenac in den Rhein fließen. Auf ihrem Weg über den Niederrhein bis in die Nordsee treffen diese Inhaltsstoffe dann auf viele andere Substanzen, die bereits im Wasser gelöst sind.
Mikroschadstoffe betreffen uns alle
Die o. g. Beispiele zeigen, dass Mikroschadstoffe uns alle betreffen. Laut internationaler Kommission zum Schutze des Rheins (IKSR) werden bis zu 5.000 verschiedene Chemikalien in Haushalten eingesetzt. Dazu gehören Biozide, wie Schädlingsbekämpfungsmittel oder Desinfektionsmittel. Auch Materialschutzmittel, die Holz, Mauerwerk, Boote, u. a. vor Algen, Pilzen, chemischer Zersetzung und Wasserdurchlässigkeit schützen sollen, kommen im Alltag zum Einsatz. Bei Haushaltschemikalien gibt es eine große Spanne: Konservierungsmittel und Duftstoffe sind in Kosmetikartikeln enthalten. Imprägniermittel werden z. B. auf unsere Outdoorbekleidung und auf Schuhe aufgetragen. Korrosionsschutzmittel tauchen in ganz gewöhnlichen Entkalkungsmitteln auf.
So können Sie den Eintrag von Mikroschadstoffen vermeiden oder minimieren:
Wenn Sie Haushaltschemikalien und Arzneimittel nutzen, gilt generell folgendes: maßvoll einsetzen, korrekt anwenden und richtig entsorgen.
Um Medikamente nicht zu überdosieren, empfiehlt sich ein sorgsamer Umgang damit. Antibiotika sind zweifach riskant: Sie können Ökosysteme schädigen und die Zahl der Antibiotika-Resistenzen nimmt zu (z. B. multiresistente Keime in Krankenhäusern). Abgelaufene Medikamente oder Reste werden über die Restabfalltonne entsorgt.
Reinigungsmittel verwendet man am besten nur gezielt, wenn es nicht anders geht. Oft reichen schon Hausmittel wie Einweichen (bei Flecken), Zitronensäure (gegen Kalk), Spiritus (gegen Fett und Schimmel) oder kochendes Wasser (gegen Fett). Mechanische Putzhilfen wie Scheuermilch können zusätzlich unterstützen
Wasch- und Geschirrspülmittel werden häufig überdosiert. Informieren Sie sich bei Ihrem Wasserversorger über den Härtegrad des Leitungswassers. Wenn Sie den Verschmutzungsgrad und die Menge an Wäsche bzw. Geschirr beachten, kommt es nicht zu einer Überdosierung. Verwenden Sie nur phosphatfreie Spülmaschinenreiniger und Waschmittel.
Wählen Sie bei Shampoos und Kosmetik umweltfreundliche Produkte ohne Duft- und Konservierungsstoffe.
Wenn Sie Desinfektionsmittel nur gezielt und sorgfältig einsetzen, ist das ausreichend. Weder Küche noch Bad müssen regelmäßig desinfiziert werden. Wenn doch, ist Spiritus (mindestens 75 Prozent Alkohol) eine sinnvolle Alternative: preiswert, wirksam und ein vollständig abbaubares Naturprodukt.
Verzichten Sie im Garten auf chemische Pflanzenschutzmittel. Stattdessen nutzen Sie lieber Hausmittel, entfernen Unkraut mechanisch und fördern Nützlinge, indem zum Beispiel Rückzugsmöglichkeiten für Igel oder Vögel geschaffen werden.
Waschen Sie Ihr Auto nur an dafür vorgesehenen Waschplätzen oder in Waschanlagen, niemals am Straßenrand. Den Ölwechsel lassen Sie in der Werkstatt durchführen, um sicher zu gehen, dass kein Altöl in die Umwelt gelangt.
Die ordnungsgemäße Entsorgung von Haushaltschemikalien erfolgt über das Schadstoffmobil oder die Schadstoffannahmestelle. Infos dazu erhalten Sie beim Entsorgungsbetrieb Mainz, siehe Linksliste.
Was tut sich in Mainz zum Thema Mikroschadstoffe?
In Mainz ist die Einführung einer weiteren, sogenannten „4. Reinigungsstufe“ in der Kläranlage Mombach beschlossen. Sie soll 2025 in Betrieb gehen. Die angestrebte innovative Lösung wird das Mainzer Abwasser von einem Großteil der Mikroschadstoffe befreien. Nähere Infos finden Sie in der u. a. Linkliste.
Aktuell und noch bis zum 30. Dezember 2020 können Sie im Mainzer Umweltladen, Steingasse 3 -9 die Ausstellung „Mikroschadstoffe - winzig aber schädlich“ besuchen (montags bis freitags von 10 – 13 Uhr und von 13:30 – 18 Uhr).
Weitere Informationen:
Adresse
- Telefon
- +49 6131 12-2121
- Telefax
- +49 6131 12-2124
- umweltinformationstadt.mainzde
- Internet
- Veranstaltungen im Umweltladen
Öffnungszeiten
Öffnungszeiten:
Montag: 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr
Dienstag: 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr
Mittwoch: 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr
Donnerstag: 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr
Freitag: 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 13.30 Uhr bis 18.00 Uhr
Jeder 1. Samstag im Monat: 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr
Erreichbarkeit
Haltestellen / ÖPNV
Linien: 6, 50, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 60, 62, 63, 64, 65, 78,
80, 81, 90, 91, 653, 654, 660